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Gesellschaftliche Funktionen der Medien und ihre rechtliche Ausgestaltung

I. Einleitung

Medien besitzen eine zentrale Rolle in der modernen Gesellschaft. Sie tragen wesentlich zur Entfaltung des Individuums bei und sind Pfeiler einer demokratischen Ordnung. Die Medien üben mannigfachen Einfluß auf die Gesellschaft in Staat und über staatlicher Gemeinschaft aus. Diese Einflüsse, die den wesensmäßigen Funktionen der Medien entsprechen, bedürfen der rechtlichen Begrenzung. Dieser Rechtsrahmen findet sich in Staaten in Rechtsregeln, insbesondere Gesetzen, die meist für die einzelnen – traditionellen – Medien Presse und Rundfunk gelten. Seit einiger Zeit treten die Neuen Medien hinzu. Erst allmählich, wohl unter dem Einfluß dieser neuen Phänomene, bildet sich in manchen Staaten ein einheitliches Medienrecht heraus.

Die Entstehung der Neuen Medien, insbesondere der Computernetze, und die dadurch bedingte Intensivierung des grenzüberschreitenden Datenverkehrs1 hat zur besonders tiefen Überschneidung der Informationsbereiche verschiedener Gesellschaften geführt und auf solche Weise im bestimmten Umfang auch sozialer Ordnungen selbst. Dieses früher nur punktuell existierende Phänomen hat stark zugenommen und umfaßt allmählich nicht nur die «zuständigen» Einrichtungen, sondern auch die breiten Massen der betroffenen Länder.

In dieser Arbeit wird versucht, einige allgemeingültige Prinzipien des Bereiches Medienrecht festzustellen. Dabei sollen die Auswirkungen auf die Gesellschaft im Rahmen der einzelnen Medienfunktionen näher bestimmt werden und es soll zu den Möglichkeiten, sie rechtlich auszugestalten, Stellung genommen werden.

Die juristische Betrachtungsweise wird ergänzt durch rechtstatsächliche Überlegungen, die in einem Recht wie dem Medienrecht eine besondere Rolle spielen. Auch wird die rechtsvergleichende Perspektive nutzbar gemacht: Schwerpunktmäßig werden die deutsche und – wegen der Herkunft des Verfassers – die russische Rechtslage und Rechtswirklichkeit berücksichtigt. Dabei verkürzt die schwerpunktmäßige Auswahl von zwei Ländern im Rahmen des Rechtsvergleichs doch nicht die Gesamtaussage, da sie paradigmatisch für die allgemeinen Strukturen des Medienrechts gelten kann. Daß die im deutschen Recht geläufige Unterscheidung zwischen Presse und anderen Medien in Rußland eine eher untergeordnete Rolle spielt und hier ein gesamtmedialer Ansatz besteht, hindert dem Rechtsvergleich ebenfalls nicht.

Da lange Zeit der Hauptvertreter der Medienwelt die Presse gewesen ist, deren Problemkreis sehr intensiv und auf hochabstraktem Niveau behandelt worden ist, können Ergebnisse dieser sowohl medienwissenschaftlichen als auch medienrechtlichen Forschung größtenteils auch für die anderen Medien gebraucht werden2. Dies ist einer der Gründe, warum in dieser Arbeit Begriffe «Presse» und «Medien» häufig als Synonyme verwendet werden. Die weiteren Gründe dafür sind die vertretbare Betrachtung der Computernetzwerke als «elektronische Presse» und die Benutzung (was alles andere als zufällig ist) des Begriffs «Presse» für alle medienbezogenen Phänomene im allgemeinen Sprachgebrauch.

 

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